Geschichte zwichen 1910-1920




Die 1910er Jahre: Eine Welt in Schockstarre

Der Beginn der 10er Jahre war ungetrübt. Die Entwicklung schritt fort: Das Atom-Modell wurde entdeckt, Autos wurden erstmals am Fließband produziert. Der Reißverschluss, die Kleinbildkamera, in den USA die erste Ampel. Dort war auch der Jazz immer populärer geworden. Zuerst bei der schwarzen Bevölkerung - wir erinnern uns: es herrschte strenge Rassentrennung - und bald auch schon bei der weißen. Alles schien ruhig zu sein. Aber es war nur die Ruhe vor dem Sturm.

Ein Auto aus dem Jahre 1910

Es bedurfte eines Weltkriegs und einer Revolution, um das System der europäischen, kapitalistisch geprägten Industrie-Gesellschaft auseinander brechen zu lassen. 30 Jahre lang hatte Frieden geherrscht, der Frankreich-Krieg 1870/71 war lang vorbei und fast schon vergessen. Aber spätestens 1912 wurde den Menschen klar, dass die schöne Epoche, die "Belle Epoque", nicht ewig weitergehen konnte. Am 14. April, gegen 23.30 Uhr, zerplatzte zunächst einmal der Traum von der technischen Allmacht des Menschen, verlor die Welt den Glauben an den Fortschritt: Die Titanic, das Symbol technischer Macht und Überlegenheit, überdimensional, riesig, unsinkbar (wie viele gedacht hatten), eine Ikone der Moderne, zerschellte an einem Eisberg. Etwa 1500 Menschen starben im eisigen Meer. Die Welt versank in einer Schockstarre, verlor den Boden unter den Füßen. Ein ähnliches kollektives Schreck-Erlebnis sollte es erst knapp 100 Jahre später mit dem Anschlag auf das World Trade Center in New York wieder geben.

Der 1. Weltkrieg: mit Pferden und Panzern

Dann kam der Krieg, und spätestens da war nichts mehr so, wie es vorher war. Mit wehenden Fahnen und klingendem Spiel marschierten Infanterie und Kavallerie - Panzer wurden erst im Verlauf dieses Krieges erfunden - in die Schlacht, die in den Schützengräben von Verdun bald zum Albtraum werden sollte. Vier Jahre später war die Bilanz furchtbar und ernüchternd. Ein Krieg war zu Ende gegangen, bei dem selbst die Sieger verloren hatten: 10 Millionen tote und 20 Millionen verletzte Soldaten zählten die Nationen. Weitere sieben Millionen Tote unter der Zivilbevölkerung. Eine Katastrophe. In Russland hatte die Oktoberrevolution Zar und Adlige hinweggefegt, in Deutschland dankte der Kaiser ab. Eine Epoche - nämlich im Grunde das 19. Jahrhundert - war in diesem Jahrzehnt zu Grabe getragen worden.

Ein Flugzeug aus dem 1 Weltkrieg

Wie oft waren es die Künstler, die solche Umbrüche wahrsagerisch vorwegnahmen: Wassily Kandinsky malte vermutlich bereits 1913 das erste abstrakte Gemälde und verwies damit auf eine neue, völlig andere Epoche. Wo eben noch die Spätromantiker gespielt wurden, provozierte in den 10er Jahren bereits die atonale Musik und die Zwölftonmusik von Arnold Schönberg. Sie verlangte von den Zuhörern völlig neue Hörgewohnheiten.

Übrigens: Wussten Sie, dass die Geschichtsforschung heute vom 20. Jahrhundert als dem so genannten "kurzen" Jahrhundert spricht? Betrachtet man die Vergangenheit nämlich nach Epochen und nicht streng nach Jahrhunderten, dann begann das 20. Jahrhundert erst mit der totalen Zäsur nach dem Ersten Weltkrieg und endete bereis in den 90er Jahren nach dem Fall der Mauer und des Eisernen Vorhangs und dem Ende des Kalten Krieges.

Mehr Infos zur 10er Jahre Musik oder 10er Jahre Filme finden Sie unter den entsprechenden Links.

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